Globenaut: Atom & Chromosom: Schwarz - Gelb

Atom & Chromosom: Schwarz - Gelb - Grün

von Globenaut am 18.9.05

Wie nicht ganz unerwartet, haben die Wahlen zu einem Beinahepatt geführt. Die überschwänglich zur Schau getragene Freude von Gerhard Schröder ist nur schwer verständlich. Er hat relativ selbstherrlich ohne zwingenden Grund vorgezogene Neuwahlen verlangt und mit dem für Rot-Grün fatalen Ergebnis, daß es für Rot-Grün nicht reicht, bekommen. Das er der SPD schon vorher zu mehreren echten Wahlniederlagen und nicht nur zu demoskopischen Umfragetief verholfen hat realisiert er überhaupt nicht. Da hilft es ihm auch nicht weiter, der CDU/CSU die Differenz aus prognostizierten zu realen Wahlergebnissen als Disaster vorzuwerfen. Er hat nach der Wahl keine Mehrheit mehr, Punkt.

Jetzt geht es darum eine Regierungskoalition zu bilden, welche die zweifelsohne bestehenden Probleme angehen kann. Probleme löst man in der Regel in dem man über den Tellerrand hinausblickt und neue Pfade beschreitet. Über die Art der Probleme, nicht aber über deren Lösungen, besteht ein parteiübergreifender Konsens: Arbeitslosigkeit, überbordende Bürokratie, krankes Gesundheits- und Rentensystem. Was also spricht nun eigentlich für oder gegen eine Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen (Schwarz-Gelb-Grün, Schwampel oder auch „Jamaika-Koalition“ genannt)?

Der erste, typisch deutsche Einwand dürfte sein: das hatten wir ja noch nie. Eben drum! Wir sind in diesem Land soweit, Neues auszuprobieren, denn die alten Lösungen bringen uns offensichtlich nicht weiter. Ob es besser wird läßt sich nicht wirklich vorhersagen, aber dafür gibt es immer noch Neuwahlen.
CDU/CSU und FDP haben schon während des Wahlkampfes eine Zusammenarbeit angesteuert und dies auch am heutigen Wahlabend als Zielvorstellung bestätigt.
Die größte Meinungsverschiedenheit zwischen CDU/CSU und Grünen läßt sich griffig formulieren: Atom & Chromosom. Schwarz möchte langfristig die Atomkraftwerke (AKW) anschalten, Grün will dies unter allen Umständen verhindern. Betrachtet man diese Diskussion bei Lichte, stellt man schnell fest, daß es zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Scheindiskussion — reine Ideologie — ist, die kein Problem löst. Ob die AKWs in Jahrzehnten abgeschaltet werden oder weiterlaufen, ist keine dringende Entscheidung, denn sie schafft weder Arbeitsplätze noch löst sie ein anderes drängendes Problem. Hier könnte die CDU/CSU problemlos zurückstecken.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Gentechnologie. Der Fall ist ähnlich gelagert wie beim Atomstrom. Eine Diskussion über die Gentechnologie muß geführt werden, aber sie ist nicht dazu angetan kurz- und mittelfristig die anstehenden Probleme zu lösen. Also lassen sich auch hier Kompromisse finden.
FDP und Grüne haben von ihrer Bürgerrechtsbewegung her Überschneidungspunkte, die sich gegen Extremisten à la Beckstein [1] oder Bosbach [2, 3] in die Waagschale werfen lassen.
Wenn alle mit Vernunft zu Werke gehen ließe sich eine vernünftige Arbeitsteilung finden (Grüne-Umwelt/Bürgerrechte, FDP-Ausland/Bürgerrechte, CDU-Wirtschaft)
Ob Sozialleistungen von Rot-Grün oder von Schwarz-Gelb-Grün gestrichen werden macht keinen Unterschied.

Einen Versuch wäre es wert!