Globenaut

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.
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Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948/Artikel 19
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BPjM: Trusted Censorship
Christliche Werte — Neine Danke!

JAKO erwacht aus der Schreckstarre

von Globenaut am 4.9.09

Gestern abend hat sich die Fa. JAKO für alle sichtbar bewegt und eine Pressemitteilung auf ihrer Homepage veröffentlicht. Die Überschrift „Wir haben überreagiert“ läßt auf Einsicht schließen, aber der nachfolgende Text ist mindestens enttäuschend. Eine ernstgemeinte Entschuldigung sieht anders aus. Außerdem wird man den Eindruck nicht los, daß nur vesucht wird zu retten was noch zu retten ohne sich jedoch mit dem eigentlichen Problem zu befassen, denn im Großen und Ganzen liest sich die Erklärung mehr wie eine Anklageschrift. Offensichtlich hat man weder die Funktionsweise des Internet noch das zugrundeliegende Problem verstanden. Doch betrachen wir die Punkte im Einzelnen:

„Wir haben ganz offensichtlich überreagiert“, erklärt Rudi Sprügel,Vorstandsvorsitzender der JAKO AG, und schafft damit alle Voraussetzungen,um die vor allem im Internet geführte Auseinandersetzung um sein Unternehmen schnell zu beenden.

Guter Anfang und überreagiert hat JAKO mit Sicherheit, aber wieso meinte man überhaupt reagieren zu müssen?

Der Sportartikelhersteller aus dem Norden Baden-Württembergs, der vor allem Sportmannschaften in 40 Ländern der Welt sehr erfolgreich mit Trikots, Hosen, Stutzen, Bällen, Trainingsanzügen und Schuhen ausstattet, hatte sich mit dem Blogger Frank Baade auseinandergesetzt.

Selbstdarstellung für diejenigen, die JAKO noch nicht kannten. Werbung in einer Entschuldigung? Außerdem hatte sich wohl zunächst der Blogger mit JAKO auseinandergesetzt.

Der Fußballtrainer aus Nordrhein-Westfalen hatte das zum 20jährigen Firmenjubiläum kreierte neue JAKO-Logo mit Worten aus der Fäkalsprache kritisiert. Das ärgerte die Verantwortlichen bei JAKO. Sie beauftragten daher eine Anwaltskanzlei mit dem Ziel, dass Baade diese verunglimpfenden Äußerungen zurücknimmt und aus dem Internet entfernt.

Um es klar und deutlich zu formulieren, der Blogger fand das Logo schlicht und ergreifend Scheiße. Das mag einen stören, besonders dann wenn man der Nutzer des Logos ist, aber es ist nun mal das Recht eines jeden Menschens seine Meinung zu diesem zu äußern, egal ob mündlich, schriftlich, bildlich oder sonstwie. Das nennt man Meinungsfreiheit! Er hat keine falschen Behauptungen zu den Produkten in die Welt gesetzt, sonden seine persönliche Meinung über die Fa. JAKO geäußert. Abgesehen davon sind Fußballer insgesamt auch nicht gerade bekannt für ihren poetischen Umgangston.

Nach Verhandlungen unter den Anwälten war Baade dazu bereit. Er verpflichtete sich per Unterschrift, im Falle einer Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe.

Verhandlungen ist diesem Falle wohl ein Euphemismus für Nötigung. Wenn einem mit den Worten Geld oder Leben die Pistole auf die Brust gesetzt wird, fällt es schwer dies als Verhandlung einzustufen. Sich über anderer Leute ausdrucksweise beschweren und dann aber ein respektloses Baade in die Runde zu werfen, passt auch nicht zu der gespielten Zerknirschtheit. Außerdem vergisst JAKO zu erwähnen, daß sich der Blogger an die Abmachung geahlten hat.

Als nach einigen Wochen Baades überzogene Kritik noch immer im Internet abrufbar war, erhielt Baade erneut Post von den JAKO-Anwälten. Sie waren davon ausgegangen, dass sich der Hobby-Fußballtrainer nicht an die Absprache halten wollte und teilten ihm daher mit, dass bei einer schuldhaften Wiederholung der beanstandeten Aussagen eine erhöhte Vertragsstrafe anfalle. Erst hinterher stellte sich heraus, dass der tschechische Nachrichtenaggregator„Newstin“ den inzwischen von Baade gelöschten Text kopiert hatte und weiterhin verbreitete.

Die Anwälte waren also davon ausgegangen. Aha! Nun sagen wir es doch mal auf Deutsch: Die Anwälte haben geschlampt und nicht sorgfältig gearbeitet. Man kann dies auch als grobe Pflichtverletzung auffassen, vermutlich verursacht duch fehlende Sachkenntnis über die Funktionsweise des Internets.

Ohne die endgültige Klärung des Sachverhalts unter den Rechtsanwälten abzuwarten, alarmierte Baade daraufhin die Bloggerszene. Von den Bloggerseiten fand die Geschichte den Weg in die großen Tageszeitungen.

Wie ist denn die Notrufnummer der Bloggerszene? Hier wird deutlich, daß JAKO die Abläufe nicht verstanden hat. Jeder Blogger ist immer noch alleine dafür verantworlich, welchen Sachverhalt er aufgreift und welchen nicht. Wären die Anwälte mit dem Internet vertraut gewesen, wären ihnen klar gewesen, daß eine Abmahnung einen Pawlow‘schen Reflex auslöst. Die Internetgemeinde reagiert mit Recht, wie auch dieser Fall zeigt, äußerst ungehalten über Eingriffe in die Meinungsfreiheit. Außerdem war diese Reaktion wohl auch notwendig, denn wenn die Bloggerszene ihren Unmut nicht kund getan hätte, hätten JAKOs Anwälte „Trainer Baade“ weiter unter Druck gesetzt, vermutlich auch mit Erfolg.

„Wir haben uns rein rechtlich überhaupt nichts vorzuwerfen“, betont Rudi Sprügel, „aber rückblickend betrachtet, wäre es viel besser gewesen, wir hätten mit Herrn Baade persönlich Kontakt aufgenommen und die Sache mit ihm direkt geklärt.“

Klare Aussage an dieser Stelle: Wir beugen uns dem Druck, weil es anfängt Geld zu kosten, aber Fehler haben wir nicht gemacht, denn es ist verboten unser Logo Scheiße zu finden und das auch noch zu laut zu sagen. Meinungsfreiheit scheint er nicht wirklich verstanden zu haben. Seine Anwälte arbeiten schlampig (der vermeintlich Schuldige war im zweiten Falle der tschechische Newsaggregator „Newstin“) und werfen dann anderen vor, das Internet nicht abgesucht zu haben. Aber sie haben sich nichts vorzuwerfen.

Sprügel bedauert, dass sich die „Auseinandersetzung unnötigerweise so aufgeschaukelt hat“. Es sei unglücklich gewesen, nicht sofort auf die Anfragen von Bloggern und Journalisten zu reagieren: „Wir haben ja schließlich nichts zu verbergen.“

PR-Agenturen zum Imageaufbau sind teuer, solche Kosten erregen immer Bedauern in der Geschäftsführung. Er hat nichts zu verbergen? Worauf bezieht sich das in diesem Zusammenhang?

Die Verzögerung einer Antwort hänge unter anderem auch mit der Urlaubszeit und der Abwesenheit wichtiger Entscheidungsträger zusammen. Sprügel kündigt an, er werde den Logo-Kritiker in die Firmenzentrale nach Mulfingen-Hollenbach einladen. Dabei werde man sehr gerne mit ihm über das neue Logo diskutieren und Baade könne sich ein eigenes Bild vom JAKO-Spirit und der Qualität der Produkte machen. Rudi Sprügel, der in jungen Jahren selbst in der zweiten deutschen Fußballliga spielte, will sich dafür einsetzen, dass Baade aus dieser Auseinandersetzung „keine finanziellen Nachteile erwachsen.“ Sprügel wörtlich: „Ich bin mir sicher, dass beide Seiten aus dieser unerfreulichen Geschichte gelernt haben.“ JAKO sei, so Sprügel, ein „junges mittelständisches Unternehmen, das ehrliche, faire Sportkultur mit Begeisterung lebt.“

Seine Majestät läßt Gnade vor Recht ergehen, wie rührend. JAKO, ihr habt hier den Bockmist verzapft, nicht die Anderen!

Welche Lerneffekte sieht hier Herr Sprügel? Was soll der Blogger seiner Meinung nach gelernt haben? Daß man seine Meinung nur dann äußern darf, wenn man genug Geld für Anwälte hat? Was meint Herr Sprügel für sich und sein Unternehmen gelernt zu haben? Daß man im Recht ist, wenn man gegen die Meinungsfreiheit ankämpft, aber daß das daraus resultierende schlechte Image Geld kostet?

Diese Unternehmensphilosophie, die von rund 160 Mitarbeitern mit einem Altersdurchschnitt von 34 Jahren gelebt werde, bringe auch das neue Logo mit der Aussage „JAKO Living Sports“ zum Ausdruck. JAKO konnte seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2008 erneut um zehn Prozent auf 63,8 Millionen Euro steigern. 2008 verkaufte JAKO unter anderem 1,5 Millionen Trikots, 1 Million Trainingsanzüge und eine halbe Million Bälle. Auch 2009 liegt JAKO trotz Wirtschaftskrise auf Wachstumskurs.
JAKO ist Ausstatter von Bundesliga-Mannschaften wie Eintracht Frankfurt, Greuther Fürth, Rot-Weiss-Ahlen, FC Rot-Weiss Erfurt, SSV Jahn Regensburg, Dynamo Dresden sowie von Fußball-Erstligamannschaften in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien. JAKO stattet aber auch bekannte deutsche und internationale Handball-, Basketball- und Volleyballmannschaften komplett aus. Gerade diese Mannschaften wissen die Qualität der JAKO-Produkte, die höchsteAnsprüche erfüllt, zu schätzen und vertrauen auf die Kompetenz des JAKO-Teams.

Was hat das Marketing-Gewäsch an dieser Stelle und mit dem Sachverhalt zu tun? Der Pfau ist beleidigt und schlägt sein Rad auf um zu zeigen wie toll er doch ist. Wieviel Eigentore wurden ürbigens mit den selbstproduzieren Bällen geschossen?

Zu den genannten Kritikpunkten kommt meines Erachtens noch etwas anderes hinzu, nämlich die Art der Ausdrucksweise. In der Erklärung wird von einem Sportartikelhersteller geredet, davon daß sich die Verantowrtlichen geärgert hatten, etc. Man gewinnt den Eindruck ein Dritter berichtet über den Vorfall und versucht dem Leser die Situation zu erklären. Es entsteht nicht der Eindruck, daß hier das Unternehmen selbst der Erklärende ist, immerhin handelt es sich um eine Mitteilung des Unternehmens JAKO auf seiner eigenen Homepage, und sich mit dem gesagten auch identifiziert.

Summa summarum: Dies ist mehr eine Anklage, eine ernstgemeinte Entschuldigung sieht anders aus! Ich persönlich bezweifle auch, daß es auf Seiten von JAKO noch zu einer Einsicht, die über das Geld hinaus geht, kommen wird. Entweder man akzeptiert Meinungsfreiheit ganz allgemein oder man tut es nicht und Anwälte handeln berufsbedingt nach anderen Kriterien. Für sie ist das Prozessrisiko und die Wahrscheinlichkeit einen Prozess zu verlieren entscheidend. JAKO kann ab jetzt noch alles falsch machen, aber nur noch sehr wenig richtig. Einzig für „Trainer Baade“ dürfte die Sache auf der Habenseite zu verbuchen sein, denn er kommt aus der Sache raus.

Darüberhinaus kann man wohl auch von der Anwaltskanzlei Horn & Kollegen, vertreten durch RA Iris Sanguinette, eine öffentliche Entschuldigung erwarten. Dazu muß sich halt von der Schweigepflicht entbinden lassen. Das wäre sogar eine äußerst preiswerte Angelegenheit, denn immerhin ist das Image von JAKO durch anwaltliches Versagen bis auf Weiteres perdu. Überhaupt ist es erstaunlich, daß einer Kanzlei die auf über einem Dutzend Homepages um Kundschaft buhlt, ein derartiger Schnitzer passiert ist.


  1. JAKO zur Auseinandersetzung um JAKO-Logo: „Wir haben überreagiert“
    http://jako.de/jako_site_germany/advantage_jako/presse
  2. Wie JAKO anderen Leuten das letzte Trikot auszieht (01.09.2009)
    http://www.allesaussersport.de/archiv/2009/09/01/wie-jako-anderen-leuten-das-letzte-trikot-auszieht/
  3. Meme Schlurchmarke (01.09.2009)
    http://globenaut.blogspot.com/2009/09/meme-schlurchmarke.html
  4. JAKO kündigt Handschlag an (04.09.2009)
    http://www.allesaussersport.de/archiv/2009/09/04/jako-kundigt-handschlag-an/

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