Globenaut

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948/Artikel 19
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Christliche Werte — Neine Danke!

Tödliche Mission aus Brake

von Globenaut am 16.6.09

Zuerst glaubte man bei der Entführung vom 10.06.2009 noch an eine der „normalen“ Entführungen im Jemen, doch nach Ermordung von drei Geiseln erscheint die Entführung in einem anderen Licht, denn es wird klar, daß die beiden deutschen Ermordeten nicht einfaches Hilfspersonal, sondern Missionare aus der Bibelschule [1] in Brake waren. Das es in Teilen des Jemen immer wieder zu Entführungen kommt, sollte inzwischen ebenso zum Allgemeinwissen gehören, wie die Tatsache, daß Missionierung in islamischen Ländern grundsätzlich ein lebensfgefährliches Unterfangen ist.

Dennoch lohnt ein näherer Blick auf das Selbstverständnis der Bibelschule, wie sie es in ihrem Bekenntnis für jeden nachlesbar offenbart: [2]

Bekenntnis
  1. Wir glauben an die göttliche Inspiration, Unfehlbarkeit und Autorität der gesamten Heiligen Schrift.
  2. Wir glauben an den ewigen, dreieinigen Gott: Vater, Sohn und Heiligen Geist.
  3. Wir glauben, dass der Mensch seit Adams Fall durch die Sünde von Gott getrennt, verloren und auf dem Weg in das ewige Verderben ist.
  4. Wir glauben an die jungfräuliche Geburt Jesu Christi, Seine Wunder, Sein sündloses Leben und an die Versöhnung des Menschen mit Gott durch Sein Blut und Seinen Opfertod auf Golgatha.
  5. Wir glauben an Jesu leibliche Auferstehung, Seine Himmelfahrt, Sein Wiederkommen zur Entrückung der Gemeinde und Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches auf dieser Erde.
  6. Wir glauben, dass die Rettung eines Sünders notwendig und allein durch die Wiedergeburt aus dem Heiligen Geist möglich ist.
  7. Wir glauben, dass der Mensch mit der Wiedergeburt den Heiligen Geist empfängt, der in ihm bleibt, ihn heiligt und in das Bild Jesu umgestalten will.
  8. Wir glauben, dass alle Menschen leiblich auferstehen werden: die Gläubigen zur ewigen Herrlichkeit, die Ungläubigen zur ewigen Verdammnis.
  9. Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde und wissen um die Verantwortung eines jeden Gläubigen, durch seinen Wandel die Wahrheit der Heiligen Schrift zu bezeugen und das Evangelium allen Menschen zu verkündigen.

Hier zeigt sich ein zutiefst mittelalterliches, christlich-fundamentalistisches Weltbild, welches in einer ebenso archaischen Welt, wie die der jemenitischen Muslime, zwangsläufig zu Konflikten führen muss. Beide Seiten betrachten sich gegenseitig als Ungläubige bzw. Falschgläubige und selbst im Besitz der einzig wahren Religion. Offen bleibt aber bisher noch, was der konkrete Auslöser für die Ermordung gewesen ist.

Ein weiteres Problem dieser religiösen Gruppierungen ist auch, daß die Teilnehmer im formalen Sinne so gut wie nie einen offiziellen Auftrag der Institution zur Missionierung erhalten (so schlau sind die Brüder schon), denn sie wissen genau, daß sie ggf. zur Verantwotung gezogen werden können, bzw. von vornherein eine Zusammenarbeit verweigert werden würde. Selbst eine wohlgesonnene Regierung eines islamischen Landes würde eine offizielle Begründung Missionierung nicht dulden können, da dies ein potentiell unbeherrschbares Konfliktpotential in sich bürgt. Im Jemen kann übrigens auf Missionierung die Todesstrafe verhängt werden! Dies kann man je nach Standpunkt gut oder schlecht finden, aber es ist zu allererst eine zunächst nicht änderbare Tatsache, die es zu berücksichtigen gilt. Offene Missionierung gibt es bspw. hier Deutschland durch amerikanische Mormonen oder auch in Brasilien, aber in diesen Ländern ist Missionierung nicht verboten und es droht den Missionaren auch keine tödliche Gefahr.

Auch muss man sich darüber im Klaren sein, daß ein solch explizierter Auftrag überhaupt nicht notwendig ist. Einerseits sind Christen (und Moslems ebenso) allein schon durch ihren Glauben verpflichtet zu missionieren: [3, 4]

Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. (Mt 28,19-20).

Nimmt man jetzt das Bekenntnis ernst, ergibt sich aus Punkt 1und 9 eine explosive Gemengelage, denn die Bibel sagt auch: [3, 5, 6, 7]

Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dirtten und vierten Generation (Ex. 20, 5-6, Dtn. 5, 9)

Du hüte dich aber, mit den Bewohnern des Landes, in das du kommst, einen Bund zu schließen; sie könnten dir sonst, wenn sie in deiner Mitte leben, zu einer werden. Ihre Altäre sollt ihr vielmehr niederreißen, ihre Steinmale zerschlagen, ihre Kultpfähle umhauen. (Ex. 34, 12-13)

Ihr sollt alle Kultstätten zerstören, an denen die Völker, deren Besitz ihr übernehmt, ihren Göttern gedient haben: auf den hohen Bergen, auf den Hügeln und unter jedem üppigen Baum. Ihr sollt ihre Altäre niederreißen und ihre Steinmale zerschlagen. Ihre Kultpfähle sollt ihr im Feuer verbrennen und die Bilder ihrer Götter umhauen. Ihre Namen sollt ihr an jeder solchen Stätte tilgen. (Dtn. 12, 2-3)

Nun sind glücklicherweise die Mehrzahl der Gläubigen keine guten Gläubigen (weil sie meist selber nicht wissen was sie da eigentlich glauben), denn dies endet in einem Blutband, wie aus der Weltgeschichte wohlbekannt. Auch wenn heutige Missionierung nicht mehr gleich im Waffenrock stattfindet, bleibt ein Verhalten, welches einen aggressiven Unterton hat.

Andererseits, wissen die Teilnehmer durch die jahrelange religiöse Indoktrinierung von selbst was ihre eigentliche Aufgabe ist. Trifft man Menschen, aus diesen Kreisen, so äußern sie in privaten Unterhaltungen von selbst Vorstellungen über ihre Zukunft, und dazu gehören ganz selbstverständlich auch Aussagen wie „ich möchte mal nach <Land einsetzen> gehen und missionieren“, wobei es sich oft um islamische Länder handelt. Eine Gefahr sehen sie dabei nicht wirklich, denn sie gehen ja mit Gott.

Der Tod der beiden jungen Frauen aus Brake (Rita Stumpp und Anita Grünwald) und einer Südkoreanerin wird aber nichts wirklich ändern, denn die getöteten Gläubigen sind jetzt Märtyrerinnen und können nun als leuchtendes Vorbild für die Anderen dienen, oder besser gesagt post mortem weiter mißbraucht werden. Durch die Unerschütterlichkeit in ihrem Glauben haben sie schließlich Eingang ins Paradies gefunden. (Warum trauern Christen eigentlich, wenn Nahestehende im Paradies sind, wenn dies doch genau das angestrebte Ziel ist?)

Es geht hier nicht darum die Tat der Islamisten zu enschuldigen, aber von Reisenden kann in heutiger Zeit erwartet werden, daß sie minimale Vorstellungen über dortige Gewohnheiten haben und um medizinische Hilfe zu leisten benötigt man eine vernünftige Ausbildung, Medikamente und (leider) Geld, aber mit Sicherheit keine religiösen Texte. Es muß einfach jedem klar sein, daß jede Form nicht-islamischer Aktivitäten in einem islamischen Land eine tödliche Bedrohung für einen selber, wie auch ggf. für Mitreisende darstellt. Nun kann man aber von Mitgliedern einer Organisation, die ihre Ideologie in die Gehirne ihrer Gefolgsleute eingebrannnt hat, mehr unbedingt ein vernunftgesteuertes Handeln erwarten, so das die Leiter die moralishe Verantwortung übernehmen müssen. Leider gehen diese oft über Leichen. Kurz gesagt, die ausführenden Täter halten sich zwar irgendwo im Jemen auf, aber die moralischen Mörder befinden sich hier in Deutschland.

Auch wenn die Bibelschule Brake nur ein kleiner Verein ist, darf man nicht vergessen, daß es nicht der Einzige ist. Insbesondere die US-amerikanischen Evangelikalen haben ein enormes Sendungsbewusstsein, was noch viele Konflikte heraufbeschwören wird.


Nachtrag 27.06.2009:
Inzwischen wurde die Webseite geändert. Nur noch Erleuchtete erfahren etwas über das Bekennntis:

Sie sind nicht berechtigt, diesen Bereich zu sehen.
Sie müssen sich anmelden.

Nachtrag 10.08.2009:
Auch das ZDF-Magazin Frontal hat am 04.08.2009 über den Vorfall [9] berichtet und erntet prompt heftige Kritik.

Nachtrag 08.09.2009:
Inzwischen hat sich auch die „Amtskirche“ in einer Pressemitteilung [10] der Kritik angeschlossen.


  1. http://www.bibelschule-brake.de
  2. Bekenntnis
    http://www.bibelschule-brake.de/v3_0/index.php?option=com_content&task=view&id=15&Itemid=35
  3. Die Bibel; Einheitsübersetzung; 5. Auflage 2004; ISBN 3-460-33015-5
  4. Mt 28,19-20 (http://alt.bibelwerk.de/bibel/nt/matt028.htm#a19)
  5. Ex. 20, 5-6 (http://alt.bibelwerk.de/bibel/at/mos2020.htm#a5)
  6. Dtn. 5, 9 (http://alt.bibelwerk.de/bibel/at/mos5005.htm#a9)
  7. Ex. 34, 12-13 (http://alt.bibelwerk.de/bibel/at/mos2034.htm#a12)
  8. Dtn. 12, 2-3 (http://alt.bibelwerk.de/bibel/at/mos5012.htm#a2)
  9. Sterben für Jesus — Missionieren als Abenteuer
    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,7611653,00.html
  10. „Fragwürdige journalistische Mittel“
    http://www.ekd.de/presse/pm199_2009_erklaerung_rat_evangelikale.html

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